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Herausforderung
- Nachdem der Standort Sant'Albano Stura im Jahr 2018 vollständig modernisiert und zu einer hochmodernen, vollautomatischen Produktionsanlage ausgebaut worden war, beschloss Synthomer, die SPS-Steuerung auf ein moderneres Konzept umzustellen, bei dem der Fokus auf einem verteilten Steuerungslogikprozess liegt.
Lösungen
Modernes Prozessleitsystem PlantPAx
- Bündelung der Verwaltung der gesamten Anlage in einer einzigen Zentraleinheit mit entsprechenden Redundanzen auf einem einzigen EtherNet/IP-Netzwerk.
- Stratus Technologies bringt zusätzliche Redundanz für die Infrastruktur ein – bei einer Fehlertoleranz von mehr als 99,999 % für alle Anwendungen.
Ergebnisse
- Mit dem PlantPAx-Prozessleitsystem und seiner Prozessbibliothek ist es Prozessingenieuren nun möglich, direkt in eine Reihe von Parametern einzugreifen, Funktionen zu ändern und Alarme zu verwalten.
- Die enorme Menge an generierten historischen Daten kann von Bedienern und Wartungstechnikern genutzt werden und liefert die für Unternehmensanalysen erforderlichen Zahlen.
- Die Verfügbarkeit riesiger Datenmengen ermöglicht umfassende Analysen, die der Wartung der Anlage dienen und präventive und diagnostische Maßnahmen auslösen.
Sucht man sich Farbe für das eigene Haus oder einen bestimmten Lack für den Kühlschrank aus, denken meist die wenigsten darüber nach, was zur Herstellung der Farbe oder des Lacks nötig ist. In vielen Fällen ist es aber mehr als wahrscheinlich, dass Synthomer beteiligt war.
Synthomer ist ein international aufgestelltes Unternehmen mit Hauptsitz in London, das seit mehr als 100 Jahren in der chemischen Industrie tätig ist. Es ist auf Zusatzstoffe und Rohstoffe für die Herstellung von Beschichtungen, Papier, Textilien sowie Gesundheits- und Schutzmaterialien spezialisiert. Synthomer bietet eine breite Palette verschiedener Produkte an, die den Bedarf auf dem globalen Markt nahezu vollständig abdeckt.
Vor kurzem fusionierte Synthomer mit Omnova. Dadurch betreibt das Unternehmen weltweit mehr als 40 Produktionsanlagen in Europa, in den USA sowie in Ostasien. Synthomer ist in insgesamt drei Abteilungen organisiert. Eine davon, die Division „Specialties“, konzentriert sich auf Produkte außerhalb des Kerngeschäfts der Acrylprodukte. Das Werk Sant'Albano Stura in der italienischen Region Piemont gehört zu dieser Division. Dort werden Polyesterharze zur Pulverbeschichtung hergestellt. Diese sogenannten „Blender“ werden vorrangig an Unternehmen verkauft, die auf Lackprodukte spezialisiert sind.
Vor Kurzem erfolgte eine Umrüstung der Anlage in Sant'Albano Stura, bei der mehrere von lokalen SPS gesteuerte Systeme modernisiert wurden. Eines der entscheidenden Hauptziele dieses Projekts lag darin, für die gesamte Anlage ein einziges Prozessleitsystem zu implementieren, dass alle Abläufe steuern sollte. Zu diesem Zweck griff man bei Synthomer auf das Know-how von Rockwell Automation, dem anerkannten Systemintegrator Progecta und zuletzt auch auf Stratus Technologies zurück.
Eine starke Konstruktion erfordert ein solides Fundament
Die Produktionslinien im Synthomer-Werk in Piemont wurden im Laufe der Zeit so aufgebaut, dass sie über speicherprogrammierbare Steuerungen von verschiedenen Lieferanten verwaltet wurden und unabhängig voneinander arbeiteten. Mit dem Modernisierungsprojekt wurde angestrebt, die Steuerung des Systems neu zu strukturieren und zu koordinieren.
Rockwell Automation und der Systemintegrator Progecta sollten das neue System für Synthomer liefern. Nach und nach ersetzte das Unternehmen die vorhandenen Steuerungen unterschiedlicher Anbieter durch programmierbare Automatisierungssteuerungen ControlLogix® von Allen-Bradley®. Zu diesem Zeitpunkt war sich das Unternehmen gar nicht bewusst, dass es damit die perfekte Grundlage für alle weiteren Zielsetzungen der Unternehmensführung schaffte.
Im Jahr 2018 war der Standort Sant'Albano Stura schließlich mit einer hochmodernen, vollautomatischen Produktionsanlage ausgestattet. Die vor Ort eintreffenden Rohstoffe werden zunächst gelagert. Anschließend werden sie entsprechend der Kundennachfrage für eine breite Palette von Produkten dosiert und verarbeitet. Weitere automatisierte Systeme verpacken die Produkte dann entweder in 25 Kilogramm schweren Säcken oder 900 Kilogramm schweren Big-Bags. Danach wird alles lieferbereit eingelagert.
Verteilte Prozesssteuerung
Kurz nach dem Abschluss dieses Modernisierungsprojekts entschied man sich bei Synthomer dafür, von der Steuerung über herkömmliche speicherprogrammierbare Steuerungen zu einem moderneren Ansatz zu wechseln, der auf einen verteilten Steuerungslogikprozess fokussierten ist. Mit dieser Entscheidung sollten die Unternehmensrichtlinien standardisiert und für die Zukunft ausgerichtet werden. Um dieses Ergebnis zu erreichen, wurde festgelegt, dass jede Anlage mit einem Prozessleitsystem arbeiten sollte. Jedem Standort wurde jedoch die Freiheit eingeräumt, die am besten geeignete Technologie auf Grundlage der bestehenden Situation zu wählen.
Im Werk Sant'Albano war bereits ein weiteres Projekt zur Installation eines neuen Reaktors – einer der größten in Europa für diese Produkttypen – angestoßen worden, das eine Produktionssteigerung von 30 Prozent ermöglichen würde. Daher beschloss man, beide Projekte zu kombinieren und für die verteilte Steuerung das Prozessleitsystem PlantPAx® einzusetzen, das in Zusammenarbeit mit Progecta von Rockwell Automation bereitgestellt wurde.
Hierbei bestand das ausgearbeitete Konzept darin, die Verwaltung der gesamten Anlage in einer einzigen Zentraleinheit zu konzentrieren, die selbstverständlich auch über die geeigneten Redundanzen verfügen sollte. Über diese Zentraleinheit sollten Daten gesammelt und mehr als 2.000 angeschlossene Geräte gesteuert werden. Bislang wurde das Werk von einer Handvoll CPUs betrieben, die jeweils einem bestimmten System – einer Abteilung, einem Heizwerk oder Ähnlichem – zugeordnet waren. Eine einzige Zentraleinheit würde die Kommunikation zwischen den verschiedenen Systemen daher wesentlich vereinfachen.
Schritt für Schritt zum Ziel
Das PlantPAx-Prozessleitsystem wurde zunächst im Speziellen für den neuen Reaktor eingerichtet. Durch die Migration von Funktionen aus den vorhandenen SPS-Systemen wurde es allmählich weiterentwickelt. Diese Systeme wurden dann zu dezentralen E/A-Knoten für die einzelne Zentraleinheit. Ziel war es, innerhalb von drei Jahren zu einem vollständig dezentralen Steuerungssystem zu gelangen. Während dieser Zeit sollte eine ununterbrochene Produktion gewährleistet sein, mit Ausnahme eines kurzen Zeitfensters, nämlich der planmäßigen Schließung im Sommer.
Während sich drei Jahre nach einem langen Zeitraum für ein solches Projekt anhören, war die Zeit für alle geplanten Arbeiten tatsächlich sehr knapp bemessen. Der Zugang zu den fortschrittlichen Technologien und der umfangreichen Erfahrung von Rockwell Automation zusammen mit dem Fachwissen von Progecta stimmten Synthomer jedoch zuversichtlich, dass der Plan eingehalten werden könnte.
Um den Stillstand der Anlage im Sommer optimal zu nutzen, erfolgten die Verdrahtungsarbeiten im Vorfeld. Anschließend wurden das ControlNet-Netzwerk und die lokalen Zentraleinheiten durch ein neues EtherNet/IP-Netzwerk ersetzt und der konvertierte Teil des Systems konnte getestet werden.
Bereitstellung zusätzlicher Ausfallsicherheit
An dieser Stelle kam Stratus Technologies ins Spiel, dessen Aufgabe es war, zusätzliche Redundanz für die Infrastruktur zu schaffen – und damit eine Fehlertoleranz von mehr als 99,999 Prozent für alle Anwendungen zu erreichen. Mit der ftServer-Plattform lieferte Stratus Technologies eine Lösung, die mit vollständig virtualisierten Anwendungen auf die Anforderungen der industriellen Digitalisierung reagieren kann.
Dank der ftServer-Technologie sind die Steuerungsanwendungen immer verfügbar, wodurch es nicht mehr zu Ausfallzeiten oder Datenverlusten kommen kann. Darüber hinaus erfordert die Verwaltung der ftServer-Plattform dank der Installation eines einzigen Servers, der permanenten Diagnose und der einfachen Wartung keine speziellen IT-Kenntnisse. Das bedeutet, dass die Anlagenwartungstechniker diese Aufgabe übernehmen können.
Weitere Vorteile der neuen Technologie
Mit der Einführung des PlantPAx-Prozessleitsystems und seiner Prozessbibliothek ist es dem Prozessingenieur nun möglich, direkt in eine Reihe von Parametern einzugreifen, Funktionen zu ändern und Alarme zu verwalten. Bei der alten SPS musste hierfür ein Softwaretechniker hinzugezogen werden.
Synthomer sah im Ansatz, bei der Modernisierung auf ein modernes Prozessleitsystem zurückzugreifen, noch einen weiteren Vorteil: die enorme Menge an historischen Daten, die damit generiert wird. Dies nützt nicht nur Bedienern und Wartungstechnikern, sondern liefert auch die benötigten Daten für Unternehmensanalysen.
Durch die Aufzeichnung einer derartig großen Datenmenge, die sämtliche Betriebsparameter abdeckt, kann Synthomer umfassende Analysen durchführen, wenn Probleme auftreten. Sie ist auch hilfreich bei der Wartung der Anlage, denn es werden präventive und diagnostische Reaktionen ausgelöst, die an die Betriebsstunden und die Mengen einer einzelnen Komponente gekoppelt sind.
Die Mitarbeiter des Werks in Sant'Albano Stura waren von den Ergebnissen der Modernisierung, der Installation von Rockwell Automation-Technologie und der Leistungsfähigkeit des PlantPAx-Prozessleitsystems äußerst beeindruckt. Und das ist auch in den übrigen Werken von Synthomer nicht unbemerkt geblieben. Die anderen Standorte des Unternehmens, die vor der Aufgabe stehen, ihre Systeme zu zentralisieren, gehen nun mit Blick auf die eigene Situation der Frage nach, welche Vorteile eine solche Lösung auch für sie bringen kann.
Veröffentlicht 21. Januar 2021