In den Life Sciences und in der Automatisierungsbranche allgemein haben modulare Ausrüstungskonzepte in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Zwar wirkt sich dieser Trend positiv auf die Inbetriebnahme von Produktionsanlagen aus, doch gleichzeitig macht er die Qualifizierung eines anlagenweiten Automatisierungssystems komplizierter.
Für Life Sciences-Hersteller sind die horizontale Integration (Machine-to-Machine-Automatisierung) und die vertikale Integration (Machine-to-Plant-Automatisierung) oft die letzten Schritte vor der Produktion. Zu diesen Schritten gehören die Qualifizierung des SPS-Codes für den Betrieb von Anlagen, wie z. B. Skids, und die Inbetriebnahme des Prozessleitsystems (DCS), das für die anlagenweite Automatisierung zuständig ist. Die Automatisierungsingenieure arbeiten häufig mit Funktionsblockdiagrammen im DCS, während Anlagenspezialisten mit Kontaktplanlogik in der SPS umgehen.
Mit dem zunehmenden Interesse an Modularität wuchsen auch die potenziellen Herausforderungen für Hersteller, da sie das anlagenweite Prozessleitsystem (DCS) vom einen Unternehmen bezogen, die Automatisierungskomponenten für die Produktionsanlagen von einem anderen und verschiedene Komponenten für sonstige Ausrüstungsteile von Drittanbietern. Infolgedessen vervielfachte sich die Zahl der speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS), die in einer Anlage zum Einsatz kamen.
Als einige im Bereich der Life Sciences tätige Gruppen erkannten, dass es vorteilhafter ist, einen Skid aus dem Katalog zu bestellen, als die Einheit vor Ort zusammenzubauen, wuchs die Frustration bei den für die Integration der Produkte verantwortlichen Endanwenderorganisationen. Schließlich verlangten die Automatisierungsingenieure für ihre Automatisierungskomponenten die gleichen Plug-and-Produce-Fähigkeiten wie für die Produktionsanlagen.
Mitgliedsorganisationen und Unternehmen innerhalb der Branche, so auch Rockwell Automation, sind dieser Forderung nachgekommen. Ihre Bemühungen zielten darauf ab, die Plug-and-Produce-Technologie auf eine stabile und solide Grundlage zu stellen.
Der Wunsch nach Modularität
Ein Verband, der sich der Plug-and-Produce-Technologie verschrieben hat, ist die NAMUR – Interessengemeinschaft Automatisierungstechnik der Prozessindustrie. Dieser internationale Verband mit Sitz in Deutschland vertritt Anwender von Automatisierungstechnik, darunter auch Spezialisten für Prozessleittechnik.
Mit mehr als 150 Mitgliedsunternehmen auf der ganzen Welt kennen die NAMUR und ihre Mitglieder den Wert von Plug-and-Produce-Modulen – insbesondere beim Austausch von Skids mit einer bestimmten Funktion. Sie wissen auch, was Anlagenbetreiber bei ihrer Arbeit schätzen: Standardschnittstellen und Standarddaten.
Der Verband leistet Unterstützung bei der Erstellung eines Standards für Modularität mit der Bezeichnung Modular Type Package (MTP) (VDI/VDE/NAMUR 2658), der verschiedene Abschnitte beinhaltet, die von Datenaspekten bis hin zu Mensch-Maschine-Schnittstellen (HMI) reichen. Der Standard beschreibt Funktionen – wie Kommunikation, Alarme, Sicherheit usw. – unter Verwendung von OPC Unified Architecture (UA).
Der MTP-Standard strebt Übereinstimmung mit weiteren NAMUR-Empfehlungen wie NE148 und dem Referenzarchitekturmodell für Industrie 4.0 (RAMI 4.0) an. MTP hat sich zu einem IEC-Standard für den Lebenszyklus von Komponenten in einer Anlage entwickelt. Er spricht sich grundsätzlich für Modularität aus, wodurch ein Upgrade oder Austausch von Bauteilen zu jedem Zeitpunkt ohne Hürden möglich ist. Wir werden die im Standard beschriebenen Funktion genauer untersuchen, nachdem wir uns mit einigen Schlüsselbegriffen aus VDI 2776 Blatt 1 vertraut gemacht haben:
- Process Equipment Assembly (PEA) – eine automatisierte und aus sicherheitstechnischer Sicht nahezu autonome modulare Prozesseinheit, die aus einer oder mehreren funktionalen Gerätebaugruppen besteht und einen Prozessschritt darstellt oder eine Infrastruktur innerhalb einer modularen Anlage bereitstellt
- Process Orchestration Layer (POL) – eine die Automatisierungs- und Informationstechnologieebene umspannende Gerätebaugruppe für den Betrieb modularer Systeme
- MTP – eine formale Beschreibung der Schnittstellen und Funktionen der Automatisierungstechnik einer modularen Prozesseinheit