Normen für die Batch-Steuerung
Entscheidend für die Flexibilität und Modularität eines Prozesses ist, ob dieser zum Zeitpunkt der Erstinstallation mit der internationalen ISA-Norm zur Batch-Steuerung ANSI/ISA-88 (auch bekannt als S88) übereinstimmte. Die S88-Norm, die 1995 veröffentlicht und 2010 aktualisiert wurde, legt Begrifflichkeiten und Verfahren fest, um die physischen Fähigkeiten von der Nutzung oder Ausrichtung Ihrer Maschinen und Geräte zu trennen. Sie unterscheidet zwischen dem „was“ (was können Sie messen, welche Kapazitäten hat die Ausrüstung usw.) und dem „wie“ (Verfahrensweise, Verarbeitungsschritte usw.).
Durch die Trennung von physischen und verfahrenstechnischen Aspekten können Systeme leicht modifiziert und an verschiedene Szenarien angepasst werden, von neuen Verarbeitungsanlagen und neuen Funktionen bestehender Anlagen bis hin zu neuen Betriebsaufträgen oder neuen Produkten – alles je nach den Erfordernissen der Prozessanlage.
Prozessänderungen bei der modularen Fertigung: häufige Szenarien
Modularität ist kein neues Konzept in der Automatisierung. Ich habe lange Zeit die Analogie eines Unterprogramms in BASIC benutzt, um dieses Konzept darzustellen. Ein einmal geschriebenes Stück Programmcode kann auf unterschiedliche Art und Weise wiederverwendet werden, indem Sie die Einstellungen für die Codeausführung ändern. Darin liegen die Schönheit und Stärke der Modularität.
Um den Nutzen der Modularität aufzuzeigen, wollen wir uns einige einfache, häufig bei Herstellern vorkommende Änderungsszenarien ansehen und überlegen, wie diese Änderungen durch modulare Programmierung gemäß S88 erleichtert werden könnten.
1. Hinzufügen eines neuen Rohstoffs zum Prozess. Es könnte auch um die Änderung eines bestehenden Rohstoffs gehen. Nehmen wir einmal an, dass wir einen unkomplizierten Mischprozess mit drei Rohstoffzusätzen durch eine neue Chemikalie, z. B. ein Viruzid, ergänzen und diesen neuen Rohstoff in unsere 10 bestehenden Rezepte aufnehmen wollen. Wie kann dies am effizientesten geschehen?
- Nicht-modulare Lösung: In einer typischen Anlage, die nicht den Prinzipien der modularen Programmierung folgt, muss jedes Rezept einzeln durch das neue Viruzid ergänzt werden. Da hierbei kein modulares Konzept angewandt wird, muss die gesamte Funktionalität für den neuen Rohstoff in jede Rezeptur übertragen werden.
- Modulare Lösung: In einer modularen Implementierung wird die neue Rohstoff-Funktionalität als Objekt eingebunden. Das Objekt repräsentiert aus der Automatisierungsperspektive die komplette Funktionalität des Materialsystems dieses Rohstoffes. Es wird für die Fähigkeiten des Systems erstellt. Die Rezepte werden so geschrieben, dass sie diese Automatisierungsobjekte ausführen oder aufrufen. Die gesamte Funktionalität wird also einmal in das Objekt geschrieben und dann bei der Ausführung durch Rezepte aufgerufen.
Da die Funktionalität nur einmal, und nicht in jedem Rezept, erstellt werden muss, sind Einsparungen von bis zu 90 % des Implementierungsaufwands denkbar, was einen erheblichen Kosten- und Zeitvorteil darstellt.
2. Neues Produktrezept. Stellen Sie sich vor, Sie möchten ein neues Rezept zu einem bestehenden System hinzufügen. Dieses Beispiel zeigt, wie vorteilhaft es ist, wenn man die funktionalen Objekte einfach zu neuen, einzigartigen Kombinationen und Aufträgen kombinieren kann.
- Nicht-modulare Lösung: Das neue Rezept enthält den gesamten Code für die Ausführung jeder erforderlichen Aktion, jeder Rohstoffzugabe, jedes Rührvorgangs, jeder Kühlung und jedes Transfers.
- Modulare Lösung: Das neue Rezept verwendet Links oder Zeiger auf die Objekte für Rohstoffzugabe, Rühren, Kühlen und Transfer.
Die Einsparungen bei der Umsetzung von Rezepturen hängen von der Komplexität des Rezeptes ab. Je komplexer die Rezeptur, desto größer die möglichen Einsparungen. Der Aufwand für die Implementierung einer neuen Rezeptur in einer modularen Anlage liegt im Vergleich zu einer nicht-modularen Anlage bei einer einfachen 10-Schritt-Rezeptur bei weniger als 20 %. In beiden Beispielen werden durch die modulare Implementierung zusätzliche Vorteile erzielt, wie reduzierte Kosten für die Konfigurationsverwaltung, reduzierter Testaufwand und beschleunigte Änderungsprozesse.